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Zukunft aufbauen

Reiner Bernstein: Von Gaza nach Genf. Die Genfer Friedensinitiative von Israelis und Palästinensern

Wochenschau Verlag: Schwalbach/Ts. 2006, 182 S., 19,80 €

 

 

Roland Kaufhold

Erschienen in der Zeitschrift „TRIBÜNE“
45. Jg., Heft 179, 3 / 2006, S. 198

Achtundfünfzig Jahre nach der Gründung des Staates Israel sind die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung des Konfliktes mit „den“ Palästinensen gering. Die Enttäuschungen über das Scheitern der Verhandlungen von Oslo (1993/1995) und Camp David (2000) sowie die wechselseitig sich verstärkende Spirale der Gewalt haben das abgrundtiefe gegenseitige Misstrauen verstärkt.

Dieser Prozess der Resignation, des Fatalismus, ist jedoch nicht ohne Gegenbewegung geblieben. In den letzten Jahren hat es mehrere zivilgesellschaftliche, nicht-staatliche Initiativen zwischen Israelis und Palästinensern gegeben, den beide Seiten zutiefst beschädigenden Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Neben der Initiative des ehemaligen israelischen Geheimdienstchefs Ami Ayalon sowie des palästinensischen Philosophen Sari Nusseibeh hat vor allem die „Genfer Initiative“ (GI) Friedenshoffnungen entstehen lassen. Im Dezember 2003 hatten namhafte israelische und palästinensische Persönlichkeiten in Genf der internationalen Öffentlichkeit einen umfassenden Friedensplan vorgestellt, der entlang dem Prinzip der Ebenbürtigkeit eine friedliche Regelung aller Konfliktfelder beschrieb. Er ist in Israel an alle Haushalte verteilt worden und hat auch in Palästina eine intensive Diskussion, aber auch heftigste Feindseligkeiten ausgelöst. Der hierzulande wohl prominenteste Befürworter der GI auf israelischer Seite ist Avi Primor.

Der Nahostexperte Reiner Bernstein setzt sich seit Jahrzehnten für eine Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern ein. Aus der intimen Kenntnis der Thematik sowie deren Protagonisten hat er eine außergewöhnlich fundierte, theoretisch und sprachlich anspruchsvolle politische und historische Analyse vorgelegt, in welcher er die Vorgeschichte sowie die Intention dieser Friedensinitiative vorstellt.

Im Kapitel „Oslo, Camp David und die zweite Intifada: Die Palästinenser im nationalen Widerstand" sowie im Kapitel „Road Map" werden auf 40 Seiten mögliche Gründe für das Scheitern der bisherigen Friedensverhandlungen der letzten zehn Jahre analysiert. Einen Schwerpunkt setzt Bernstein hierbei auf die Dynamik des abgrundtiefen wechselseitigen Misstrauens. In dem Kapitel „Ein Land der ideologischen Extreme" wird aus historischer Perspektive ein Paradigmenwechsel innerhalb beider Gesellschaften beschrieben – weg von geopolitischen and territorialen Forderungen hin zu religiös-fundamentalistischen Begründungen: „Schon früh griffen die zionistische und arabische Nationalbewegung auf jüdische und islamische Religionsbestände zurück, und je länger sich der Konflikt ohne eine politische Lösung hinzieht, desto stärker wird in beiden Bevölkerungen das Heil in theokratischen Normen gesucht werden" (S. 46), so bemerkt Bernstein – noch vor dem Wahlsieg der radikalislamischen "Hamas" im Januar 2006.

In zwei Nachworten wenden sich die beiden Hauptvertreter der Genfer Initiative, Abed Rabbo sowie Yossi Beilin („Gefragt sind kühne Initiativen“), direkt an die deutsche Öffentlichkeit.

Die vorliegende Schrift ist ein wichtiger Beitrag zum Nahostkonflikt, dem viele interessierte Leser zu wünschen sind.

"Die GENFER INITIATIVE - eine realistische Friedensinitiative für eine gewaltfreie Konfliktlösung
zwischen Israelis und Palästinensern"


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